Für das Neugeborene (und natürlich auch für die Mutter) bedeutet die Geburt eine außergewöhnliche Belastung. Der Körper des Babys wird dabei starken Kräften ausgesetzt. Der Geburtsvorgang einer ganz normalen Geburt kann schon richtige Spuren hinterlassen. Die Geburt des Kopfes durch den engen Beckenausgang kann die Knochen der Schädelbasis und mit ihnen die dazwischen liegenden zahlreichen Durchgänge für Blut- und Nervenbahnen zusammendrücken.
Die nach dem Kopf austretenden Schultern können zu extremen Drehungen oder Neigungen des Halses führen, mit Auswirkungen auf Halswirbel, Muskeln und Faszien.
Diese Kräfte können über den Kopf entlang der Wirbelsäule bis hin zum Becken in den unterschiedlichsten Strukturen des Säuglings Folgen zeigen.
Auch Kaiserschnitt-Kinder haben ihre ganz spezielle Geburtsproblematik. Der plötzliche Druckabfall kann zu sehr viel Spannung in den Gehirnhäuten führen und sich auf den noch knorpeligen und verhältnismässig weichen Schädel auswirken.
Bei den sogenannten Schrei- und Spuckkindern lassen sich diese - wie eben bereits erwähnten Spannungen - im Sinne von Asymmetrien des Schädels oder der Weichteilstrukturen des oberen Halswirbelbereichs entdecken oder es können beidseitige Kompressionen der Schädelknochen bzw. der oberen Kopfgelenke festgestellt werden.
Besonders wichtig ist die Kontrolle der beiden Schläfenbeine und des Hinterhauptbeins. Die drei Knochen treffen an der Schädelbasis zusammen und können bei der Überstreckung des Köpfchens in der Endphase der Geburt komprimiert werden. An ihren Verbindungsstellen befinden sich verschiedene Schädellöcher, durch welche wichtige Blutgefäße und Nervenbahnen hindurchführen. Asymmetrien oder Kompressionen in diesem Bereich können die Öffnungen in ihrer Lage und Größe verändern und somit Gefäße und Nerven beinträchtigen.
Bei Schrei-/ und Spuckkindern sind hier vor allem häufig der Zungen-Schlund-Nerv (Nervus glossopharyngeus) und der Eingeweidenerv (Nervus vagus) betroffen. Der Zungen-Schlund-Nerv steuert die Muskeln, die das Saugen und Schlucken ermöglichen. Ist er beeinträchtigt, sabbern die betroffenen Kinder häufig, können die Brustwarzen nicht gut umfassen und fest halten und haben Probleme an der Brust zu trinken.
Der Eingeweidenerv "lenkt" und steuert hingegen die Verdauung. Treten hier Kompressionen auf, kann die Verdauung gestört sein, was sich als übermäßige Blähungen, schmerzhafte Koliken und / oder schwallartiges Spucken äussern kann.
Probleme im Bereich des Schläfenbeins können den Gleichgewichtssinn stören und damit die zunehmende Aufrichtung des Kindes beeinträchtigen. Als Symptome zeigen sich dann eine verminderte Kopfkontrolle, einseitige Liegeposition und eine auffällige Schreckhaftigkeit. Mütter beobachten als eines der ersten Symptome oft, dass die Babys an einer Brust bevorzugt trinken, was auf die einseitig nicht freie Rotation des Köpfchens zurückzuführen ist.
Ein-/ und Durchschlafprobleme können entstehen, wenn sich eine Schädelkompression auf das Hinterhauptbein und den ersten Halswirbel, den Atlas, und seine umgebenden Weichteilstrukturen auswirkt. Betroffene Kinder reagieren auf den Druck, indem sie den Kopf weit in den Nacken nehmen und so versuchen dem Druck auszuweichen. Probleme zeigen sich besonders in der Bauchlage - das Kind kann den Kopf nicht nach oben halten.
Je früher die Kinder in Behandlungen kommen, desto schneller und unkomplizierter lassen sich Probleme lösen, aber auch ältere Kinder reagieren noch mit deutlichen Funktions-Verbesserungen auf die osteopathische Behandlung. Die optimale Behandlungszeit von Geburtsproblemen liegt in den ersten 4 bis 6 Wochen.
Ein weiteres Beispiel ist die Behandlung von Kryptorchismus bzw. Maldescensus testis (Hodenhochstand bzw. bei Pendelhoden).
Durch sanfte, gezielte und schmerzfreie manuelle Mobilisationstechniken im Leisten-/ Bauch-/ Becken- und Nierenbereich können äußerst wirkungsvolle Resultate erzielt werden. Diverse Studien in den vergangenen Jahren belegten, dass eine rein osteopathische Behandlung eine Operation vermeiden kann. Die Behandlung ist in der Regel von 2 bis 6 mal zu wiederholen.
Vom Neugeborenen bis zum Kleinkind sind Behandlungen aus osteopathischer Sicht gut durchführbar. Danach ist eine Veränderung auf Grund struktureller Manifestationen zunehmend schwieriger bzw. eine Korrektur ohne Operation meist nicht mehr möglich. Umso früher die Behandlung beginnt, desto aussichtsreicher.
Das ist kein Heilversprechen, aber man sollte es vor einer Operation doch probieren!
Die positiven Erfahrungen der Kinder-Osteopathie reichen variantenreich von Schiefhals, Schrei-/ und Spuckkindern bis Bettnässen und auch wenn Osteopathie keine neue "Wunderwaffe" darstellt, ein Versuch von 1-2 Behandlungen lohnt sich immer.